Sprache

Schriftgröße

Ansgar Lüttel: Das Andenken bewahren

Himmel und Erde am 17. Juni 2011

„Selig sind, die Verfolgung leiden“ – so lautet eine der Seligpreisungen aus dem Neuen Testament. Ein Wort Jesu, das die Bibel uns überliefert. Von Anfang an haben die Christen erfahren, das ihr Glaube und ihre ethischen Vorstellungen den Mächtigen verdächtig vorkamen. Es gab natürlich auch andere Zeiten, in denen die Verbindung von Kirche und staatlicher Gewalt eng war. Aber immer wieder, in jedem Jahrhundert und in verschiedenen Regionen der Erde, wird der Glaube, werden gläubige Menschen unterdrückt und landen im Gefängnis oder Arbeitslager. Menschen, die ihre Hoffnung auf Gott setzen, sind eben schwer zu beherrschen. Diktaturen aller Couleur wussten und wissen das.

„Wer sterben kann, wer will den zwingen?“ schrieb Johannes Prassek 1943 in sein Neues Testament. Er ist einer der sogenannten Lübecker Märtyrer, als Widerständler hingerichtet von den Nationalsozialisten. „Wer sterben kann, wer will den zwingen“– diese Überzeugung stärkte die drei katholischen Geistlichen und den evangelischen Pastor aus Lübeck in ihrer Todesstunde. Sie waren mutig gewesen, hatten Menschen beigestanden, die seelische Not in schlimmer Zeit aushalten mussten. Sie büßten ihren Freimut mit dem Leben. In der nächsten Woche wird in Lübeck in evangelischen und katholischen Gottesdiensten an ihr Schicksal erinnert.

Es ist gut, dass wir das Andenken an solche tapfere Menschen bewahren. Gerade in einer Zeit, in der die Zeugen der damaligen Ereignisse alt werden. Da muss alles festgehalten werden, was uns an die Geschehnisse der schrecklichen Jahre unseres Landes erinnert. Überall sehen wir in unseren Städten die sogenannten Stolpersteine. Sie werden vor Häusern verlegt, in denen Menschen lebten, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.

Die evangelische Kirche bewahrt das Andenken großer Bekenner wie zum Beispiel Dietrich Bonhoeffer. Karl Friedrich Stellbrink, Pastor der Lutherkirche in Lübeck, der 1943 hingerichtet wurde, gehört sicher auch dazu.

Die katholische Kirche kennt die Seligsprechung. Sie geschieht in einem Gottesdienst und bedeutet nicht, dass in diesem Augenblick jemand selig gemacht wird. Nein, Seligsprechung heißt: Die Kirche ist überzeugt davon, dass die Glaubenszeugen durch ihr Leben und ihren Tod hinübergegangen sind in die Nähe Gottes.

Das gilt auch für die Lübecker Märtyrer Johannes Prassek, Eduard Müller, Hermann Lange und Karl Friedrich Stellbrink – daran habe ich keinen Zweifel.

 

Info


Sprecher: Domkapitular Msgr. Ansgar Lüttel
Sender: NDR 1 Radio Niedersachsen
Datum: Freitag, 17. Juni 2011

Jetzt anhören


Als mp3 speichern


Morgenandacht 17. Juni 2011