Ansgar Lüttel: Gemeinsam verurteilt
Himmel und Erde am 15. Juni 2011
Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller waren katholische Geistliche des Bistums Osnabrück. 1942, also mitten im 2. Weltkrieg, wurden sie in Lübeck verhaftet. Kurz zuvor hatte die Gestapo schon den evangelischen Pastor Karl Friedrich Stellbrink abgeholt. Mit ihnen verhaftete man 18 Gemeindemitglieder; darunter Schlosser, Bäckermeister, Tapezierer, Schneider, Soldaten.
Die Anklage lautete auf: Abhören feindlicher Rundfunksendungen, Verbreitung illegaler Nachrichten, Verteilung verbotener Schriften. Damit sind die Hirtenbriefe des damaligen Bischofs von Münster, Clemens August von Galen, gemeint. Galen hatte mit deutlichen Worten das Unrecht der Nazis angeprangert.
Im Juni 1943 fand in Lübeck der Prozess des sogenannten Volksgerichtshofes statt. Das Urteil stand schon vorher fest: Prassek, Lange, Müller und Stellbrink wurden zum Tode verurteilt. 68 Jahre später, am 25. Juni dieses Jahres, also am Samstag nächster Woche, werden die drei katholischen Geistlichen in einem Gottesdienst in Lübeck in das Buch der seligen Glaubenszeugen eingetragen. Zugleich wird an Pastor Stellbrink erinnert. Alle waren sie mutige Bekenner, die sich die Überzeugung ihres Gewissens nicht rauben lassen wollten.
Lübeck war damals und ist auch heute eine protestantisch geprägte Stadt. Im Dom und in der wunderbaren gotischen Marienkirche finden evangelische Gottesdienste statt. Im Vergleich dazu ist die Herz-Jesu-Kirche in unmittelbarer Nachbarschaft des Domes ein junges und kleines Gotteshaus.
Es gibt wichtigeres als die äußere Größe einer Kirche. Das gemeinsame Zeugnis der Lübecker Geistlichen in der Nazizeit spricht für innere Größe. Wir müssen in unseren christlichen Kirchen auf einander zu gehen, um uns besser zu verstehen. Und: Wir müssen miteinander gehen, damit wir den Auftrag Jesu erfüllen, der gebetet hat: Vater, lass sie eins sein wie ich mit dir eins bin.
Diese Einheit der Kirche zu erreichen, ist ein wichtige, allerdings auch schwere Aufgabe. Wenn Christen miteinander beten und gemeinsam für ihren Glauben eintreten, wird der Heilige Geist ihnen helfen und sie begleiten. Das haben die Lübecker Glaubenszeugen beider Konfessionen in aller Not, Angst und Bedrängnis auch erfahren.