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Leuchtende Wegmarken der Ökumene

Geistlicher Impuls von Maria Boxberg

„Gut, wenn man nicht alleine auf dem Weg ist.“ Wer sich bei einer Wanderung schon einmal verlaufen hat oder selbst in einer Gruppe bei dichtem Nebel die Orientierung verloren hat, wird das vermutlich bestätigen.

In diesen Monaten stellt uns die Kirche viele Weggefährten und -gefährtinnen an die Seite. Mag sein, dass sie manchmal zu schnell sind oder sehr eigenwillige Wege gehen. Vielleicht wagen sie sich in Gelände vor – oder besser: werden von Gott dorthin geführt – wohin wir uns wirklich nicht sehnen.

Der Oktober lädt ein, einfach an der Seite der Mutter Jesu seinen und ihren Weg, der verheißung folgend, mit allen Bergerfahrungen und Stolpersteinen mitzugehen. Manche von uns gehen im November gern Wegabschnitte mit heiligen und „weniger heiligen“ Menschen in der Gemeinschaft der Lebenden und Verstorbenen. Wegbereiter von der Verzweiflung zur Hoffnung, von der Verlorenheit zum Finden und Gefundenwerden begleiten uns durch den Advent und hinein in das neue Jahr. Ihnen ist gemeinsam, dass sie Menschen mit Leidenschaft waren. Sie sind mutig Wege gegangen im Vertrauen, dass sie Größeres, mehr Wahrheit, mehr Leben erwartet.

Vor wenigen Tagen wurde Kardinal John Henry Newman seliggesprochen. Zwei Zitate von ihm regen vielleicht an (oder auf) zur Auseinandersetzung mit unserer eigenen Reiselust als Einzelne und als Gemeinschaft.

„Wahrheit wird durch vieler Geister freies Zusammenwirken erarbeitet.“

„Ich fürchte wirklich, dass die meisten sogenannten Christen so leben, wie sie leben würden, wenn sie das Christentum für eine Fabel hielten. Sie befriedigen ihre Wünsche, sie führen ein ruhiges und geordnetes Leben. Aber sie wagen nichts, riskieren nichts, geben nicht auf um des Glaubens willen an Christi Wort.“

Mit besonderer Freude haben Mitglieder der GCL in den norddeutschen Diözesen die Nachricht aufgenommen, dass die vier Lübecker Märtyrer im Juni 2011 seliggesprochen werden. Mittlerweile wird ihr Zeugnis des Widerstands gegenüber dem Nazi-Terror im ganzen Land bekannt. Die Gründe für ihre Hinrichtung am 10. November 1943: Verteilung der Schriften des Kardinals von Galen, Seelsorge in polnischer Sprache für Zwangsarbeiter, freie Gespräche mit jungen Leuten über Euthanasie und Judenverfolgung – offene Worte und Predigten.

Papst Benedikt XVI. nennt die katholischen Kapläne Johannes Prassek, Eduard Müller und Hermann Lange sowie den evangelischen Pastor Karl Friedrich Stellbrink „leuchtende Wegmarken der Ökumene“. Leuchtende Wegmarken: Menschen, die in der Nähe zu Jesus Christus die Angst vor der Fremdheit der Christen anderer Konfessionen verlieren und Schwestern und Brüder entdecken. Das gilt wie für die vier Lübecker Märtyrer so auch für John Henry Newman.

Beim Wandern hilft Singen oft auf besonders mühsamen Strecken, wenn der Weg sich hinzieht und nicht nur die Füße schmerzen. Ermutigen wir einander mit dem Lied, das ein Gebet von Eduard Müller aufnimmt, das er unmittelbar nach der Urteilsverkündung notiert hat:

„Herr, hier sind meine Hände,
leg darauf, was Du willst.
nimm hinweg, was Du willst,
führe mich, wohin Du willst,
in allem geschehe Dein Wille.“

 Maria Boxberg

 

Info


Die Autorin Maria Boxberg ist stellvertretende Vorsitzende der Gemeinschaft Christlichen Lebens GCL, einer weltweiten geistlichen Gemeinschaft, die geprägt ist durch die Exerzitien des Ignatius von Loyola. Der Impuls erschien in der Mitgliederzeitschrift „GCL intern“ im Oktober 2010.

www.gcl.de